Mit großer Betroffenheit nimmt die Bochumer Europa-Union Abschied von Dieter Rogalla, der am 8. Januar 2013 im Alter von 85 Jahren verstarb. Mit Dieter Rogalla verliert die Bochumer Europa-Union nicht nur ihren Ehrenvorsitzenden, sondern auch einen der profiliertesten Vorkämpfer für ein grenzenloses und bürgernahes Europa. Dieter Rogalla war 20 Jahre lang als Beamter der Europäischen Kommission und weitere 13 Jahre lang als Abgeordneter des Europäischen Parlaments in Brüssel und Straßburg tätig. Während dieser Zeit hat er sich maßgeblich für die Vollendung des europäischen Binnenmarkts und die Durchsetzung der Grundfreiheiten engagiert. Darüber hinaus hat er sich als „eurogalla“ beharrlich für ein bürgernahes Europa eingesetzt und namentlich auf fast 30 umfangreicheren Radtouren symbolträchtig für den Europagedanken geworben.
Dieter Rogalla wurde am 20. August 1927 in Weißwasser, in der Oberlausitz, geboren. Noch als Schüler kam er an die Ostfront, wo er kurz vor Kriegsende verletzt wurde. Nach der Freilassung aus alliierter Kriegsgefangenschaft nahm er in Münster ein Jurastudium auf. Wesentliche Prägung erfuhr Rogallas Verständnis für Internationalität und bundesstaatliche Konzeptionen durch ein Studienjahr in den USA. 1957 trat Rogalla seine erste berufliche Station in der Bundeszollverwaltung an, aber schon zu Beginn der 1960er Jahre wechselte er an die damals neu geschaffene EWG-Kommission, um sich im europäischen Rahmen mit Zollfragen zu befassen. Später wendete er sich beruflich auch den Themenfeldern Personalrecht und Entwicklungszusammenarbeit zu.
Nach fast zwei Dekaden Tätigkeit als Kommissionbeamter in Brüssel engagierte sich Dieter Rogalla zum Ende der 1970er Jahre verstärkt politisch. Er war maßgeblich am Europawahlkampf der ersten EP-Direktwahlen für die SPD beteiligt und trat auch als Reservekandidat für Bochum und das östliche Ruhrgebiet an. Als Nachrücker zog Rogalla am 30. September 1981 in das EP ein und vertrat Bochum bzw. die Region fortan im Ausschuss für Energie und Forschung. 1984 und 1989 wurde er als Abgeordneter jeweils wiedergewählt. Rogalla engagierte sich in der Folge insbesondere in den Ausschüssen für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik sowie für Geschäftsordnung und Petitionen. Zum Markenzeichen von Rogalla avancierte in diesem Zeitraum sein symbolträchtiges Auftreten, so u.a. im Plenum des Parlaments im Pullover mit der Aufschrift „Zoll, nein danke“.
Bereits während seiner Abgeordnetentätigkeit war Rogalla wiederholt von seiner Heimat aus mit dem Fahrrad nach Straßburg zu seinem Arbeitssitz mit dem Fahrrad gefahren. Nach dem altersbedingten Ausscheiden aus dem EP 1994 nutzte Rogalla die damit verbundene Form der Publizität, um insgesamt 29mal, Sommer für Sommer, gemeinsam mit Freunden, Weggefährten und Jugendlichen in die Pedale zu treten und in Deutschland und im europäischen Ausland möglichst viele Menschen für die Idee eines geeinten Europas zu begeistern und zu gewinnen.
Sein Bochumer Engagement verstärkte Rogalla in dieser Zeitphase nachhaltig. Fast 20 Jahre lang stand er als Vorsitzender dem Bochumer Kreisverband der Europa-Union vor und setzte sich auch in diesem Rahmen für ein bürgernahes Europa ohne Grenzen ein. Sein wiederholtes Plädoyer, das transnationale Europa nicht als Selbstverständlichkeit zu nehmen, sondern immer wieder mit neuen Impulsen und Aktivitäten auszugestalten, wird weit über die Grenzen der Europa-Union hinaus vermisst werden.
Jürgen Mittag, für den Vorstand der Europa-Union Bochum