Rundschreiben des Bundesverbandes der Europa-Union Deutschland

Ein Wort zum Jahresanfang: Chancen und Herausforderungen 2012

Das Jahr 2012 wird ein weiteres Krisenjahr für Europa sein. Dies vorauszusagen, bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten. Denn die Währungsunion ist noch nicht stabilisiert, auch wenn die Staats- und Regierungschefs im Dezember wichtige Weichenstellungen für eine Fiskalunion vorgenommen haben. Die Krisendynamik lässt weitere ad hoc Gipfeltreffen als wahrscheinlich erscheinen. Die Gefahr einer Desintegration der Eurozone ist keineswegs gebannt. Freilich liegt gerade in dieser Gefahr die Chance einer weiteren Integrationsvertiefung, die doch zunächst, nach der mühsamen Ratifizierung des Lissabonner Vertrags und dem vorhergegangenen Scheitern des Verfassungsvertrags, in weite Ferne gerückt zu sein schien. Heute ist aber den allermeisten Verantwortlichen in Europa klar: Wenn man nicht will, dass sich Bindungen lösen, muss man sie enger knüpfen. Was kann, was soll die überparteiliche Europa-Union als größte proeuropäische Vereinigung Deutschlands dazu beitragen? Indem wir entschieden dafür eintreten, den vor allem geld- und wirtschaftspolitisch geführten Diskurs auf eine inhaltlich breitere Grundlage zu stellen. Denn richtig bleibt, dass der Euro nicht scheitern darf – Europa ist aber mehr als der Euro! Die europäische Einigung ist ein offener Prozess und gerade deshalb Teil der Lösung und nicht des Problems. In Zeiten, in denen eine diffuse Verunsicherung um sich greift und wirtschaftliche Zentrifugalkräfte den europäischen Zusammenhalt gefährden, gilt es in Erinnerung zu rufen, was Europa eigentlich ausmacht. Der gemeinsame Schatz der Europäer besteht nicht nur aus dem europäischen acquis, der gemeinsamen Währung, der Reisefreiheit, der Möglichkeit, sich überall in der Union dauerhaft oder vorübergehend niederzulassen; er besteht nicht allein in den Institutionen der Europäischen Einigung. Der gemeinsame Schatz der Europäer ist vor allem kultureller und identitätsstiftender Natur. Alle Europäer teilen die Erfahrung der Katastrophen, die über Jahrhunderte aus hegemonialem Streben, politischer Tyrannei und religiöser Intoleranz resultierten. Das gemeinsame Haus Europa ist ein Ort der Freiheit und der Toleranz, des Nichtabsoluten. Es zeichnet sich aus durch die Verschiedenheit seiner Bewohner, eine Verschiedenheit, die nicht trennt, sondern vereint. Demokratie, Pluralismus, Bürger- und Menschenrechte, die Rede-, Meinungs- und Glaubensfreiheit, Rechtsstaatlichkeit und sozialer Zusammenhalt bilden den Kitt, der Europa zusammenhält. Sie bilden unsere europäische Identität. Sie ist längst Wirklichkeit. Sie muss wieder stärker in das Bewusstsein der Europäerinnen und Europäer gehoben werden. Mit 17.000 Mitgliedern gehen wir in dieses für Europas Zukunft wichtige, vielleicht entscheidende Jahr. Unsere Mitglieder sind unsere Stärke. Mit ihnen wollen wir überall in Deutschland, auf Bundes-, Landes- und Kreisebene, für diese europäische Identität werben. Der Bundesverband der überparteilichen Europa-Union wird auch in 2012 alles daran setzen, den europapolitischen Diskurs in Deutschland durch eigene Aktionen und Beiträge mit zu prägen. Gerade wenn in den Eliten eine gefährliche, das Einigungswerk auf die Ökonomie einengende Europamüdigkeit um sich greift, gilt es gegenzuhalten. Dazu gehört auch, die bestehenden Verbindungen zu europäischen Föderalisten in anderen EU-Staaten auszubauen und zu intensivieren, um auch die grenzübergreifend identitätsbildende Europakommunikation zu stärken. Das neu gewählte Präsidium wird sich in diesen Tagen konstituieren und im Rahmen einer Klausurtagung das Arbeitsprogramm für eine Amtszeit skizzieren, die uns bis an den Vorabend der nächsten Europawahlen führen wird. Mit der Diskussion über unser Grundsatzprogramm, die beim Bundeskongress in Düsseldorf ihren Abschluss finden wird, wollen wir die Aufbruchstimmung, die unseren Verband erfasst hat, stärken und ihren Schwung auch für neue Projekte nutzen. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und wünschen Ihnen alles Gute für das noch junge Jahr 2012.

Rainer Wieland

Präsident

Christian Moos

Generalsekretär

Europa-Union Deutschland

Sophienstr. 28/29

D – 10178 Berlin

Tel. +49 – (0)30 – 3036201-32

Fax +49 – (0)30 – 3036201-39

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